Saturnkräfte Teil 2 - Tod als Initiation

Um zum Leben zu erwachen, ist der Tod des Egos unvermeidlich. Mit dem Begriff Ego können wir alle Identifikationen benennen, die irrtümlich sind und demnach letztlich keinen Bestand haben können: die Identifikation mit Namen, der Herkunft, Glaubenssystemen und vielem anderem mehr. Das Sterben des Unwesentlichen gibt das Selbst frei, dessen, was wahrhaftig unser “Kern”, unsere Essenz, ist. 

Jede Form von Angst lässt sich letztlich auf die Angst vor dem Sterben zurückführen: Die Angst vor Armut ist die Angst zu verhungern oder zu erfrieren; die Angst vor Krankheit ist die Angst vor körperlichem Verfall; die Angst vor Oppression, Verfolgung oder Krieg als die Angst vor lebensbedrohlichen Kräften.

Nun steht uns klar vor Augen, dass jegliche Verkörperung der Zeit - und damit dem Vergehen - unterworfen ist. Völker aller Zeiten und Gegenden wussten darum und fanden einen Weg damit schöpferisch und “kunstvoll” umzugehen: Initiatische Kulturen nutzen diese Gewissheit schöpferisch für Wege der Selbsterkenntnis bzw. Veredelungen des Mensch-Seins. Meist werden Menschen, die an Schwellen stehen (z.B. Übergang ins Erwachsenenalter, Übergang ins Alter der Reife, Lebenskrisen), in diese oft transformierenden Erfahrungen des Geistigen eingeweiht.

Hier möchte ich am Bild des reifen Weizenfelds verdeutlichen, wie wir Menschen uns zum Thema des “Sterben-Lernens im Leben” verhalten können. Die herangereiften Ähren überlassen wir nicht “ihrem Schicksal”. Wir lassen sie nicht einfach stehen und verderben. Nein, wir nehmen quasi dem Schnitter (Saturn) die Sichel aus der Hand und ernten das Korn und führen es seiner Veredelung zu. Das Korn muss sterben und vergehen - zwischen Mühlsteinen und im Feuer des Backofens - “vor der Zeit” durch die helfenden Hände des Menschen, um als Brot neu wiedergeboren zu werden. Im Brot schließlich wird die Essenz, die Idee dessen, was im Weizenkorn angedeutet ist, veredelt.

Bezug zur spagyrischen Kunst

Zu den Grundlagen der Spagyrik gehört wesentlich der Dreischritt Auflösung bzw. Scheidung - Reinigung / Klärung des Wesentlichen - Zusammenfügung. Jede Veredelung unterliegt dieser Gesetzmäßigkeit. Der “initiatische Tod” ist also der Beginn einer jeden kunstvollen Bereitung von Heilmitteln.

 Die grobstoffliche Ausdrucksform der Melisse, Minze oder des Salbeis z.B. vergeht im heißen Wasser, im Gäransatz oder durch das Zerstückeln und Mazerieren im Alkohol. Die wesentlichen Ausdrucksformen der Prinzipien, die wir mit den Codeworten Sulfur und Merkur bezeichnen, werden durch weitere Prozesse gereinigt, verfeinert und in “unvergänglicher Form” als Essenz oder Tinktur dargestellt. Wichtig ist also zu bedenken, dass wir mit den konkreten “Dingen der Natur” beginnen und nicht mit ihren Ideen. Dennoch ist gerade das erklärte Ziel einer spagyrischen Aufbereitung quasi “die Idee”, die Essenz, also das Wesentliche der Rose, des Salbeis etc. zu erlangen. 

Ich wiederhole es noch einmal: Der erste, wesentliche Schritt besteht darin, kunstvoll eine Auflösung, einen initiatischen Tod der pflanzlichen, mineralischen oder metallischen Substanz, herbeizuführen. Dies ist die Grundlage für die folgende Erhöhung. Bevor ich weiteren Aspekten der Saturnkraft nachgehe, möchte ich diesen Themenkreis mit einem Zitat aus W. A. Mozarts Tagebuch schließen:

 “Da der Tod (genau zu nehmen) der wahre Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich seit ein paar Jahren mit diesem wahren, besten Freunde des Menschen so bekannt gemacht, dass sein Bild nicht alleine nichts Schreckendes mehr für mich hat, sondern recht viel Beruhigendes und Tröstendes! - Und ich danke meinem Gott, dass er mir das Glück vergönnt hat, mir die Gelegenheit (Sie verstehen mich) zu verschaffen, ihn als den Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit kennen zu lernen.”

Tauche tiefer ein: https://www.christophpollak.org/grundlagen 

Ende Teil 2. Weiter mit Teil 3 zu den Saturnkräften